Unternehmenskauf: Wissenszurechnung bei der Abgabe von Garantien?
In Unternehmenskaufverträgen findet man in einzelnen Zusicherungen innerhalb eines Garantienkatalogs häufig Klauseln, in denen der Verkäufer versichert, dass ein bestimmter Umstand „nach seiner Kenntnis“ oder „nach seinem Wissen“ vorliegt oder nicht vorliegt.
Beispiele
- Nach Wissen des Verkäufers liegen zum Stichtag keine Kündigung von Arbeitsverhältnissen der zu übernehmenden Arbeitnehmer vor und sind Kündigungen auch nicht angedroht.
- Nach bestem Wissen des Verkäufers befinden sich alle Gegenstände des Anlagevermögens in einem guten, gebrauchsfähigen Zustand und es besteht kein Instandhaltungsstau.
Bei einer Wissensgarantie wähnt sich der Verkäufer meist auf der sicheren Seite.
Er meint, nur für positive Kenntnis, nicht aber für fahrlässige Unkenntnis einstehen zu müssen.
Will vermeintlich heißen: Umstände, die dem Verkäufer normalerweise bei gehöriger Gewissensanspannung hätten bekannt sein müssen, die der Verkäufer aber tatsächlich nicht kannte, sind unschädlich.
Achtung!
Kann das stimmen? Das würde zu schön klingen, um wahr zu sein.
Hier gibt es einen Wermutstropfen...
Der BGH sagt hier, dass sog. "aktenmäßig festgehaltenes Wissen", positivem Wissen gleichsteht, auch wenn es zwischenzeitlich vergessen wurde.
Wir lernen also als erstes:
Auch nicht mehr präsentes Wissen ist schädlich.
Und wie sicher steht der Verkäufer im Übrigen mit einer Wissensklausel da?
Was ist denn, wenn zwar der Verkäufer keine positive Kenntnis hat, aber ein Prokurist, leitender Angestellter, normaler Mitarbeiter schon?
"Wissenszurechnung" ist das Stichwort.
Hier gibt es keine Pauschalantworten, es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an.
Die Umstände sind gegeneinander abzuwägen.
Jedenfalls wird sich der Verkäufer nicht entlasten können, dass er sich "blind" stellt und sich der wesentlichen Umstände verschließt, indem er "bewusst" möglich wenig über sein Unternehmen weiß.
Keine klare Linie
Die Rechtsprechung ist nicht eindeutig, sondern beurteilt den jeweiligen Fall nach dessen besonderen Einzelumständen.
Das trägt natürlich nicht gerade zur Rechtssicherheit bei...
Folgender Fall ist noch recht (fast) eindeutig:
Wird der Unternehmenskaufvertrag von einem rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigten/Prokuristen in Vertretung des Verkäufers unterschrieben, wird dessen Wissen über einen Mangel dem Verkäufer zugerechnet.
Der Verkäufer verletzt dann eine Zusicherung und begeht eine Pflichtverletzung, wenn er eine gegenteilige Garantie abgibt.
Ausdehnung der Wissenszurechnung
Nach dem BGH soll wohl auch das Wissen der Personen zugerechnet werden, die bestimmungsgemäß – auch in der Außenkommunikation – bei der ihnen übertragenen eigenverantwortlichen Aufgabenerledigung Kenntnis von bestimmten Umständen erlangen.
Wenn ein Angestellter in einem ihm zugewiesenen Bereich von mangelbegründenden Umständen Kenntnis erlangt und der Angestellte hier gewisse eigene Entscheidungsspielräume und Verantwortlichkeiten hat, muss sich der Verkäufer auch dieses Bereichs-Wissen zurechnen lassen.
Die Empfehlung
Im Kaufvertrag sollte klar definiert werden, was zum Wissen bzw. besten Wissen des Verkäufers gehört und wessen Wissen sich der Verkäufer zurechnen lassen muss und welches nicht.
Ohne klare Definitionen begibt man sich insofern als Verkäufer immer in unsichere Fahrwasser.
Unsere Anwälte von CORTA unterstützten Sie gern bei der Gestaltung Ihres maßgeschneiderten Unternehmenskaufvertrags. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme.