Erleichterung von Kapitalerhöhungen in der Aktiengesellschaft
"Still und heimlich" sind am 15.12.2023 Gesetzesänderungen im Aktienrecht in Kraft getreten, die zum Ziel haben, Kapitalerhöhungen attraktiver und die AG – als Kapitalsammelstelle – international konkurrenzfähiger zu machen.
Nach der Einschätzung unserer Anwälte erscheinen für Startups und KMUs folgende Regelungen relevant, welche jedoch in ihrer Wirkung teilweise relativierungsbedürftig sind.
Der Höchstbetrag für bedingte Kapitalerhöhungen wurde erhöht
Bei Unternehmenszusammenschlüssen wurde der Betrag der Kapitalerhöhung von 50 % auf 60 % des Grundkapitals angehoben. Das ist dann interessant, wenn der Erwerb eines Unternehmens durch Gewährung von Aktien finanziert werden soll.
Relativierung
In der Praxis wird hierfür meist der Weg einer genehmigten Kapitalerhöhung gewählt.
Bei der Kapitalerhöhung zur Gewährung von Aktienoptionen an Mitarbeiter wird der Höchstbetrag von 10 % auf 20 % angehoben.
Damit sollen Mitarbeiterbeteiligungsprogramme gefördert werden. Gerade bei Startups werden Mitarbeiter anfänglich noch geringer entlohnt als marktüblich. Dass soll durch die spätere Ausgabe von Aktien „kompensiert“ werden.
Relativierung
Beim Weg über die Kapitalerhöhung ist eine Wartezeit von 4 Jahren zur Bedienung der Aktienoptionen einzuhalten. Das ist lang!
Vereinfachter Bezugsrechtsausschluss in höherem Maße möglich
Bezugsrechtsausschluss meint, dass Altaktionäre an einer Kapitalerhöhung nicht teilnehmen können und es hierfür keines sachlichen Grundes bedarf (daher vereinfacht).
Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss ist nun auch soweit möglich, dass die entsprechende Kapitalerhöhung bis zu 20 % des Grundkapitals betragen darf (vorher lag die Schwelle bei 10 %).
Damit soll die Eigenkapitalaufnahme von AGs über Investoren erleichtert werden.
Relativierung
Die Vorschrift greift nur bei börsennotierten Unternehmen und ist daher für Startups und mittelständische Unternehmen unbedeutsam.
Räuberischen Aktionären werden Klagen bei Bezugsrechtsausschlüssen erschwert
Kapitalerhöhungen mit Bezugsrechtsausschluss können – grds. – nicht mehr durch Klage eines Altaktionärs mit dem Argument angefochten werden, die Einlage der Neuaktionäre sei unangemessen niedrig (und deshalb komme es zu einer Verwässerung der bisherigen Beteiligung).
Stattdessen haben die Altaktionäre nur einen Anspruch auf eine bare Ausgleichszahlung (oder Gewährung von Aktien).
Relativierung
Die Altaktionäre finanzieren quasi die bare Ausgleichszahlung, da die Gesellschaft diese schuldet.
Auch schon nach alter Rechtslage war streitig, ob der Anwendungsbereich von § 255 AktG mit der Möglichkeit der Anfechtungsklage bei bedingten und genehmigten Kapitalerhöhungen griff, v.a. dann, wenn der Ausgabebetrag der neuen Aktien im (anzugreifenden) Hauptversammlungsbeschluss selbst nicht geregelt war.
Auch heute noch muss der Vorstand prüfen bzw. rechtfertigen, ob die zu leistende Einlage angemessen oder warum sie niedriger als marktüblich ist. Sonst droht ggf. eine Organhaftung.
Die von unseren Rechtsanwälten vorgestellten Änderungen des Aktienrechts betreffen diejenigen, die für Startups und KMUs interessant sind. Daneben sind am 15.12.2023 zahlreiche weiter Gesetzesänderungen in Kraft getreten, die jedoch vor allem börsennotierte Gesellschaften betreffen.
Sollten Sie Fragen zu Kapitalerhöhungen, zum Aktienrecht bzw. Gesellschafts- und Steuerrecht haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir stehen Ihnen mit unserer Expertise sowie mit Rat und Tat zur Seite.