Vollzugsbedingungen beim Unternehmenskaufvertrag - sinnvoll oder nicht?
Im M&A-Bereich werden typischerweise viele englische Vokabeln verwendet. Die Vollzugsbedingungen sind die sog. closing conditions, die erfüllt sein müssen, damit der Unternehmenskaufvertrag nach der Unterzeichnung tatsächlich auch umgesetzt wird.
Ob sie sinnvoll sind oder nicht, ist - wie immer in der Juristerei - von den Umständen des Einzelfalls, der Komplexität des Vorhabens und etwaigen Unsicherheiten abhängig, ob eine Transaktion wirklich vollzogen werden kann. Closing conditions werden meist dann vereinbart, wenn der jeweilige Unternehmenskaufvertrag besonders schnell unterzeichnet werden musste, ohne dass die Parteien bereits sicher wissen, ob das Vorhaben machbar ist.
Mit anderen Worten: Vollzugsbedingungen sind oft einem Zeitproblem geschuldet.
Die unterschiedlichen Stadien des Kaufvertragsschlusses
Zunächst müssen wir uns die zwei entscheidenden Phasen anschauen, wie ein Unternehmenskaufvertrag - nach der Due Diligence bzw. Verhandlungsphase - abgeschlossen wird.
a. Signing
Das Signing bezeichnet den Moment der Vertragsunterzeichnung. Es werden zu diesem Zeitpunkt Bindungen erzeugt; Käufer und Verkäufer "verpflichten" sich und erhalten jeweils auch Rechte.
Der Verkäufer ist verpflichtet, "Eigentum" und "Besitz" an den wesentlichen Vermögensgegenständen des Unternehmens beim Asset Deal bzw. an den Gesellschaftsanteilen beim Share Deal zu verschaffen.
Der Käufer ist verpflichtet, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen.
Allein mit dem Leisten der Unterschriften unter den Unternehmenskaufvertrag ist das Eigentum jedoch noch nicht verschafft.
Merke:
Signing und Closing fallen in der Regel zeitlich auseinander, weil der Verkäufer den Übergang des Unternehmens unter die sog. aufschiebende Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung stellt.
b. Closing
Vom Signing zu unterscheiden ist das Closing, welches den Vollzug der Transaktion meint, also den tatsächlichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Übergang von Rechten, Pflichten, Lasten, ja letztlich des Unternehmens.
Das Eigentum bzw. die Inhaberschaft am Unternehmen zu verschaffen, soll meinst von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig sein.
Das wohl bekannteste Beispiel ist die Zahlung des Kaufpreises. Das Eigentum soll erst übergehen, wenn der Kaufpreis (ganz oder teilweise) bezahlt wird.
Gründe für das Auseinanderfallen von Signing und Closing
Es kann aber auch andere Gründe geben, warum Unternehmenskaufverträge nicht am gleichen Tag der Vertragsunterzeichnung „umgesetzt“ werden.
So könnten beispielsweise
- noch erforderliche Zustimmungen von Gremien, Gesellschaftern oder Behörden fehlen
- Finanzierungen der Transaktion noch nicht sicher sein
- Rechtsstreitigkeiten noch schweben, die erst beendet werden sollen
- Pensionsverbindlichkeiten/-rückstellungen erst entsorgt werden müssen
- kartellrechtliche Freigaben nötig sein
- noch Unsicherheiten bestehen, ob wesentliche/wichtige Verträge auf den Erwerber übertragen werden können, was zunächst noch mit den jeweiligen Vertragspartner geklärt werden muss.
Sie sehen also, dass es durchaus gewichtige Gründe geben kann, warum die Umsetzung des Deals erst noch zurückstehen muss. Dies leuchtet sodann ein, wenn man sich die Rechtsfolgen betrachtet, die sich aus dem Nichteintritt von Vollzugsbedingungen beim Unternehmenskauf ergeben können.
Rechtsfolgen bei Nichteintritt der benötigten Bedingungen
Was passiert, wenn die wesentlichen Grundlagen für den Vollzug des Deals nicht gegeben sind?
a) Man könnte nun natürlich daran denken, auf Vollzugsbedingungen zu verzichten und stattdessen Rücktrittsrechte zu vereinbaren. Doch wäre das klug? Nicht immer. Denn ein Rücktritt führt zu einer sog. Rückabwicklung. Eigentum und Besitz sind in der Rücktrittskonstellation bereits übergangen und müssen - rechtsgeschäftlich durch entsprechende Einigung bzw. Übergabe - wieder rückgängig gemacht werden.
Beim Share Deal ist ggf. die Gesellschafterliste bei der GmbH bereits im Handelsregister aufgenommen, was durch "Korrektur" und Einreichung einer neuen Gesellschafterliste wieder zurückzudrehen ist.
Beim Asset Deal sind Arbeitsverhältnisse und Verträge unter Umständen bereits überführt, was ebenfalls wieder rückabgewickelt werden muss. Ein Supergau für Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner.
b) Bei den Vollzugsbedingungen findet ein Rechts- und Inhaberwechsel erst statt, wenn sich entweder herausstellt, dass die wesentlichen Vertragsgrundlagen und Voraussetzungen gegeben sind oder die Partei auf den Eintritt der Bedingung verzichtet, zu deren Gunsten sie aufgenommen wurde.
Was passiert, wenn die Vollzugsbedingungen ausbleiben?
Doch was ist, wenn die Vollzugsbedingungen nicht bzw. nicht vollständig eintreten? Ist es eine ewige Hängepartie, bei der die Parteien nicht wissen, ob und wann jemals ein Inhaberwechsel stattfindet?
Nun, es gibt mehrere Möglichkeiten:
Die Partei, zu deren Gunsten die jeweilige Vollzugsbedingung wirkt, kann auf den Eintritt der Bedingung als Vollzugsvoraussetzung verzichten.
Es sind Rücktrittsrechte vereinbart, bei denen eine Partei durch Rücktritt den Schwebezustand beenden kann.
Es wird eine Befristung vereinbart, wonach der Vertrag „ungültig“ wird, wenn die Bedingungen nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt sind.
Sind Closing Conditions nun sinnvoll oder nicht?
Ob Vollzugsbedingungen sinnvoll sind oder nicht, lässt sich am besten beurteilen, wenn Sie sich die Nachteile vor Augen führen, die unsere Anwälte für Sie zusammengetragen haben:
In der Regel wird der Unternehmenskaufvertrag länger, da geregelt werden muss, dass der Verkäufer zwischen Signing und Closing das Unternehmen wie bisher weiterführen muss und der Käufer die Geschäftsführung in seinem Sinne durch entsprechende Vertragsgestaltung absichern muss. Auch müssen Regelungen zum Ablauf des „Vollzugs“ und zu den Rechtsfolgen bei Scheitern des Vollzugs genau geregelt werden.
Es fallen (oft nur beim Share Deal) Notarkosten an, auch wenn die Transaktion an der Nichterfüllung der Bedingungen scheitert.
Andere Interessenten sind dem Verkäufer potentiell bereits abgesprungen, sodass er das Unternehmen bei Nichtvollzug mit dem Käufer nicht anderweitig oder nur noch günstiger veräußern kann.
Was raten Ihnen daher unsere Anwälte und Steuerberater?
Bei unsicherem Eintritt von Vollzugsbedingungen sollten diese lieber vor Vertragsunterzeichnung erfüllt sein, sonst entstehen ggf. unnötige Kosten und Frustration.
Umso wichtiger ist es, ein erfahrenes Expertenteam an seiner Seite zu haben, welches gemeinsam mit Ihnen Kosten und Nutzen abwägt.
Haben Sie Fragen zum Unternehmenskauf? Dann zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir helfen Ihnen gern weiter.