Es verbleibt ein steuerliches Risiko!
Besteht hier eine Divergenz in der Rechtsprechung!?
Wie zu Beginn diesen Jahres berichtet, hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 28.11.2023 über die längst überfällige Rechtsfrage der steuerneutralen Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern zwischen den Gesamthandsvermögen von personenidentischen Schwesterpersonengesellschaften entschieden.
Dies mündet gemäß des Jahressteuergesetzes 2024 endlich in einer Gesetzesänderung des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG, in welcher die Buchwertübertragung ermöglicht wird, soweit ein Wirtschaftsgut
„unentgeltlich zwischen den Gesamthandsvermögen verschiedener Mitunternehmerschaften derselben, identisch beteiligten Mitunternehmer“
übertragen wird. Durch diese Gesetzesänderung besteht – zumindest für diesen Fall – endlich Rechtssicherheit für den Mandanten.
Wurde bislang davon abgesehen, einzelne Wirtschaftsgüter aus einer Personengesellschaft in eine Schwester-Personengesellschaft zu übertragen, so ist dies folglich ohne Aufdeckung von stillen Reserven und ohne steuerliche Mehrbelastung möglich, soweit die stillen Reserven steuerverhaftet bleiben.
Ist es geplant, einen Mitunternehmeranteil an einer operativen Personengesellschaft im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge nach § 6 Abs. 3 EStG zu übertragen und sollen dabei einzelne Wirtschaftsgüter wie beispielweise Grundstücke zuvor in eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft übertragen werden,
so kann entgegen der bisher angenommenen Gesamtplanrechtsprechung eine ertragsteuerneutrale Übertragung unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen.
Es ist nicht ganz nachvollziehbar, warum die sog. Gesamtplanrechtsprechung bei gleichzeitiger Anwendung von § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG keine Anwendung finden soll (vgl. BFH v. 02.08.2012), bei einer Realteilung nach § 16 Abs. 3 EStG und vorheriger Übertragung nach § 6 Abs. 5 EStG nach Auffassung der Finanzverwaltung hingegen schon.
Beim BFH ist genau dieser Fall anhängig und wurde aufgrund des bislang ausstehenden BVerfG-Urteils zurückgestellt (BFH I R 80/12; neu: I R 4/24).
Trotz Entscheidung des BVerfG im November 2023 hat sich beim BFH bislang noch nichts getan, weshalb für diesen Fall weiterhin ein steuerliches Risiko verbleibt.
Besteht hier eine Divergenz in der Rechtsprechung!?
Im BFH-Urteil vom 16.12.2015 wurde faktisch über eine Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern zwischen Schwesterpersonengesellschaften entschieden, wobei keine Buchwertübertragung nach § 6 Abs. 5 EStG vorgelegen hat, sondern die Voraussetzungen der Realteilung nach § 16 Abs. 3 EStG durch den Senat als erfüllt angesehen wurden.
Die Vorschriften der Realteilung gehen der des § 6 Abs. 5 EStG als lex specialis vor. Mit BFH-Urteil vom 16.03.2017 und der Umsetzung seitens der Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 19.12.2018 wurde schließlich zwischen der „echten“ und „unechten“ Realteilung unterschieden, welche beide als Rechtsfolge die ertragsteuerneutrale Buchwertfortführung ermöglichen.
Demnach muss kein gesamter (Teil-)Betrieb als Sachgesamtheit übertragen werden,
es reichen bereits einzelne, auch unwesentliche Wirtschaftsgüter aus.
Die Verwaltung widersprach auch hier der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens in das Gesamthandsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft, an der der Realteiler ebenfalls beteiligt war (Schwestergesellschaft).
Grund war auch hier das damals beim BVerfG anhängige Verfahren, in dessen Folge aktuell noch fraglich bleibt, ob die Übertragung von Wirtschaftsgütern auf Schwesterpersonengesellschaften von der Realteilung erfasst wird.
Es ist zu begrüßen, dass die BFH-Rechtsprechung immer mehr Sachverhaltsgestaltungen für die steuerneutrale Übertragung von Mitunternehmeranteilen, (Teil-)Betrieben und einzelnen Wirtschaftsgütern ermöglicht und die Finanzverwaltung (wenn auch zeitlich verspätet) ihre Ansichten anpasst.
Vom ursprünglichen Ansatz, dass stille Reserven sofort aufzudecken sind, wurde bereits abgewichen, sodass deren Besteuerung nicht nur „aufgeschoben“ werden kann, sondern aufgrund jüngster Entwicklungen diese stillen Reserven sogar den Rechtsträger wechseln können.
Aufgrund der Komplexität und der teilweisen schwierigen Abgrenzung der einzelnen Rechtsvorschriften untereinander, besteht trotz der positiven Entwicklung ein erhöhter Beratungsbedarf.
Der Teufel steckt bekanntlich im Detail.
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