Wettbewerbsverbote für Geschäftsführer
Anwalt Gesellschaftsrecht – Für die Dauer ihrer Tätigkeit für die GmbH unterliegen deren Geschäftsführer einem "gesetzlichen" umfassenden Wettbewerbsverbot. Dies ist zwar im GmbH-Recht nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, aber allgemein anerkannt.
Hergeleitet wird dies aus der allgemeinen Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft für die Dauer seiner Organstellung, aus analoger Anwendung des im Gesellschaftsrecht für den Vorstand einer AG geltenden § 88 AktG sowie aus § 60 Abs. 1 HGB (Wettbewerbsverbot für Arbeitnehmer, das erst recht für Geschäftsführer gelten soll).
Aber auch Gesellschafter können einem Wettbewerbsverbot unterliegen, sei es aufgrund einer beherrschenden Stellung, sei es durch Anordnung in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag.
Unsere Anwälte beraten Sie umfassend zu diesem Thema.
Wettbewerbsverbot des GmbH-Geschäftsführers für die Dauer seiner Organstellung
Reichweite des Wettbewerbsverbots:
Für die Dauer seiner Organstellung unterliegt ein GmbH-Geschäftsführer einem gesetzlichen bzw. gesellschaftsrechtlichem Wettbewerbsverbot, selbst wenn dies weder in der Satzung noch im Anstellungsvertrag ausdrücklich geregelt ist.
Der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag kann die gegenständliche, zeitliche und räumliche Reichweite des Wettbewerbsverbots näher definieren oder aber Befreiungen hiervon vorsehen. Oft wird das Wettbewerbsverbot im Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführers ausdrücklich geregelt und um ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit einer Vertragsstrafe ergänzt.
Das (ungeschriebene gesetzliche) Wettbewerbsverbot gilt sowohl für den Fremdgeschäftsführer als auch Gesellschafter-Geschäftsführer, unabhängig davon, ob dieser Minderheits- oder Mehrheitsgesellschafter ist.
Soweit im Dienstvertrag zusätzlich ein Wettbewerbsverbot vereinbart wurde, gilt dieses auch bei Beendigung der Organstellung durch Abberufung oder Amtsniederlegung fort, bis das Dienstverhältnis durch Kündigung beendet wurde. Darüberhinausgehend hat der Geschäftsführer "nachvertragliche" Konkurrenztätigkeiten nur zu unterlassen, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wurde.
Der Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer Einmann-GmbH unterliegt keinem Wettbewerbsverbot.
1. Inhaltliche Reichweite des gesellschaftsrechtlichen Wettbewerbsverbots
a) Einer ausdrücklichen Regelung des Wettbewerbsverbots bedarf es während der Dauer der Amtszeit grundsätzlich nicht, auch nicht in der GmbH-Satzung / Gesellschaftsvertrag, denn es wird nach der herrschenden Meinung aus § 88 AktG analog für den Geschäftsführer einer GmbH hergeleitet.
Unsere Rechtsanwälte und Fachanwälte im Handels- und Gesellschaftsrecht empfehlen dennoch eine konkretisierende Regelung.
Das Wettbewerbsverbot untersagt dem Geschäftsführer unabhängig von seiner Stellung als Gesellschafter, im Geschäftsbereich des Unternehmens auf eigene oder fremde Rechnung Geschäfte zu machen. Der Geschäftsbereich ergibt sich aus dem in der Satzung festgelegten Gegenstand des Unternehmens.
Nach umstrittener Auffassung soll sich das Wettbewerbsverbot aber auf die tatsächlich ausgeübten werbenden Tätigkeiten beziehen.
Unabhängig von den Festlegungen in der Satzung wird der Geschäftsbereich durch die Entwicklung der tatsächlichen Gegebenheiten (tatsächlicher, nicht nur statutarischer Geschäftsbereich) definiert.
b) "Wettbewerbsverbot" ist insofern aber auch weit zu verstehen; es erfasst auch ein "Tätigkeitsverbot".
Dem Geschäftsleiter ist es untersagt, neben seinem Amt zusätzlich direkt oder indirekt als Gesellschafter, Vorstand oder Geschäftsführer einer anderen Gesellschaft ein Handelsgewerbe zu betreiben. Bei einer Beteiligung als Gesellschafter soll dies zumindest dann gelten, wenn es sich insofern nicht um eine bloß kapitalistische Minderheitsbeteiligung handelt bzw. wenn die Beteiligung maßgeblichen Einfluss auf das (Konkurrenz-)Unternehmen vermittelt. Hintergrund ist, dass der Fokus eines Managers auf seiner volllkaumännischen Tätigkeit für die jeweilige Gesellschaft liegen sollte.
Nicht umfasst sein soll von diesem Tätigkeitsverbot diejenige als Arbeitnehmer, Aufsichtsrat oder Beamter.
Vorsicht bei der uneingeschränkten Anwendung von § 88 AktG analog
Die hier dargestellten Grundsätze entstammen der § 88 AktG, der ein Wettbewerbsverbot und ein Tätigkeitsverbot statuiert. Die Norm stammt aus dem Aktienrecht und ist auf Aktiengesellschaften zugeschnitten. Dort leitet der Vorstand die Gesellschaft in eigener Verantwortung und weisungsunabhängig.
Der Einfluss der Aktionäre auf die Geschäftsleitung ist insofern nicht gegeben - anders als in der GmbH, wo die Gesellschafter dem Geschäftsführer jederzeit Weisungen erteilen können. Deshalb sollte im Einzelfall immer geprüft werden, ob die nebenan dargestellten Grundsätze, Verbote sowie die Handlungs- bzw. Unterlassungsdirektiven 1:1 übertragen werden können.
Besonders virulent wird diese Frage etwa bei dem Tätigkeitsverbot, wo man kritisch hinterfragen muss, ob es wirklich angemessen ist, dem Geschäftsführer eine vollkaufmännische Tätigkeit für ein anderes Unternehmen auch dann zu untersagen, wenn es nicht in direkter oder indirekter Konkurrenz zur GmbH steht.
Zeitliche Grenze des gesetzlichen Wettbewerbsverbots
Das gesetzliche Wettbewerbsverbot endet mit der Amtszeit des GmbH-Geschäftsführers. Dies sollte vor der Abberufung eines Geschäftsführer - ggf. mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund - beachtet werden, insbesondere wenn im Anstellungsvertrag nicht zusätzlich auch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart wurde.
Etwas anderes gilt im Hinblick auf die Geschäftschancenlehre, die den Geschäftsführer auch nach seinem Ausscheiden noch bindet. Die Geschäftschancenlehre hat nämlich eine andere Stoßrichtung und verbietet, der GmbH (konkrete) Geschäftschancen wegzunehmen.
Geschäftsführer (ebenso Gesellschafter) können einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nur kraft vertraglicher Vereinbarung unterworfen werden.
Vertragliche Wettbewerbsverbote und nachvertragliche Wettbewerbsverbote
Durch vertragliche Vereinbarung kann das gesetzliche Wettbewerbsverbot zulässig erweitert, aber auch eingeschränkt werden (vertragliche Wettbewerbsverbote). Darüber hinaus ist die Implementierung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots nur durch Vereinbarung möglich.
Nach den BGH-Urteilen gilt, dass das Wettbewerbsverbot schützenswerten Interessen der Gesellschaft dienen muss und die Berufsausübung und wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsleiters nach Ort, Zeit und Gegenstand nicht unbillig erschweren darf.
Andernfalls droht das nachvertragliche Wettbewerbsverbot unwirksam zu sein.
1. Zulässige Reichweite von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten
Besonderes Augenmerk sollte auf die Gestaltung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote (im Dienstvertrag oder im Gesellschaftsvertrag) gelegt werden. Zu weit gefasste Wettbewerbsverbote sind grundsätzlich nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Nur ausnahmsweise kommt eine geltungserhaltende Reduktion auf das rechtlich zulässige Maß in Betracht.
a) Die räumliche Reichweite leitet sich grundsätzlich aus dem räumlichen Tätigkeitsbereich des Unternehmens ab.
b) Die zeitliche Dauer eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sollte in der Regel ausdrücklich geregelt und begrenzt werden; ein zeitlich unbefristetes Verbot kann grundsätzlich nicht mit berechtigten Interessen der GmbH gegenüber dem Grundrecht des Geschäftsführers aus Art. 12 GG gerechtfertigt werden.
Unproblematisch sind nach der Rechtsprechung im Allgemeinen Wettbewerbsverbote für die Dauer von maximal 2 Jahren. Diese Regelgrenze kann in Ausnahmefällen aber auch überschritten werden.
Bei zeitlich zu weit gefassten nachvertraglichen Wettbewerbsverboten kommt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine geltungserhaltende Reduktion auf das rechtlich zulässige Maß in Betracht.
c) In sachlicher Hinsicht hat das Unternehmen grundsätzlich ein Interesse daran, dass der Geschäftsführer aufgrund seines erworbenen Wissens nicht im Geschäftsbereich der GmbH tätig wird und bestehende Geschäftsbeziehungen zu Kunden nicht unterwandert.
Nicht vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot erfasst sind bloße Tätigkeiten im Rahmen von Vorbereitungshandlungen zum Aufbau eines Unternehmens, das während dieser Vorbereitungsmaßnahmen noch nicht im Wettbewerb zur Gesellschaft steht.
Im Übrigen sind gegenständlich zu weitgehende nachvertragliche Wettbewerbsverbote unwirksam. Bei Verstoßen hiergegen kann der Geschäftsleiter mithin nicht in Haftung genommen werden.
Nach der Rechtsprechung unterliegen nachvertragliche Verbote für GmbH-Geschäftsführer nicht den Beschränkungen der gesetzlichen Regelungen der §§ 74 ff. HGB (anders als im Arbeitsrecht, in denen eine Arbeitgeber diese Vorgaben auch gegenüber seinem Arbeitnehmer zu beachten hat).
Karenzentschädigung?
Gleichwohl ist umstritten, ob dem Geschäftsführer für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots eine Karenzentschädigung zu zahlen ist.
Einigkeit besteht im Grundsatz darin, dass dem Geschäftsführer, der lediglich einer Kundenschutzklausel unterliegt (anders als bei einem Arbeitnehmer) keine Entschädigung gezahlt werden muss.
Bei Fremdgeschäftsführerin wird demgegenüber schon deutlicher vertreten, dass diesen eine Karenzentschädigung gezahlt werden müsse, da das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ihnen die Verwertung ihres typischerweise besonderen branchenspezifischen Know-Hows untersage und dies ohne finanziellen Ausgleich unangemessen sei.
Bei einem umfassenden Wettbewerbsverbot wird hingegen vertreten, dass die Karenzentschädigung erforderlich ist, da andernfalls das berufliche Fortkommen des Betroffenen erheblich erschwert wird. Dies soll selbst dann gelten, wenn der Geschäftsführer als Minderheitsgesellschafter nach Beendigung seiner Organstellung an der GmbH beteiligt bleibt.
Hinsichtlich der Höhe der Karenzentschädigung sind in der Praxis Regelungen etabliert, die dem Betroffenen eine Karenzentschädigung in Höhe von 50 % der zuletzt vertragsmäßig gewährten Vergütung gewährt (umstritten ist, ob sich diese auch nur an der Festvergütung ausrichten darf).
Hochumstritten sind die Voraussetzungen und Folgen von sog. bedingten Wettbewerbsverboten
Hochumstritten sind die Voraussetzungen und Folgen von sog. bedingten Wettbewerbsverboten, bei denen auf die Einhaltung des Wettbewerbsverbots vor oder nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses verzichten werden, können soll mit der Folge, dass die Karenzentschädigung entfällt.
Im normalen Arbeitsrecht sind solche Wettbewerbsverbote bzw. bedingten Verzichte unverbindlich, da der Verzicht durch den Arbeitgeber dort nur vor Beendigung des Arbeitsvertrags möglich ist.
Da ein Geschäftsführer kein Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts ist, zumal er selbst die Funktion eines Arbeitgebers ausübt, ist umstritten, ob für diesen bedingte Wettbewerbsverbote gleichermaßen unverbindlich sind. Dies lässt sich jedenfalls dann hören, wenn im Wege vertraglicher Regelung die Anwendbarkeit §§ 74 ff. HGB angeordnet ist.
Befreiung und Einschränkung
Hinsichtlich der Befreiung vom Wettbewerbsverbot ist zu unterscheiden.
Eine generelle Befreiung vom Wettbewerbsverbot - insbesondere auch für die Zeit während der Organtätigkeit - kann nur in dem ursprünglichen Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden.
Ist dies nicht erfolgt, kann eine Befreiung hiervon nur mit Zustimmung der Mitgesellschafter bzw. der Gesellschafterversammlung herbeigeführt werden.
Nach einer Ansicht bedarf es hierfür der Zustimmung aller Gesellschafter; nach anderer Auffassung reicht eine satzungsändernde Mehrheit aus, wobei ein betroffener Gesellschafter-Geschäftsführer einem Stimmverbot unterliegt.
Ein Dispens ist im Einzelfall durch Mehrheitsbeschluss der Gesellschafterversammlung ohne Satzungsänderung möglich - jedenfalls dann, wenn der Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Öffnungsklausel liegt. Der Dispens muss aber im wohlverstandenen Interesse des Unternehmens liegen.
In jedem Fall sollte vor einer Befreiung oder einem Dispens gegenüber einem Geschäftsführer, der zugleich Gesellschafter ist, geprüft werden, ob dies zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen könnte.
Ist der Organleiter zugleich Gesellschafter, könnte die fehlende Geltendmachung der Haftung eine verdeckte Gewinnausschüttung sein.
Konsequenzen eines Verstoßes – Haftung
Die Haftung für Verstöße gegen Wettbewerbsverbote ist mannigfaltig. Der Verstoß gegen ein vertragliches oder gesetzliches Wettbewerbsverbot während der Organstellung des Betroffenen kann die außerordentliche fristlose Kündigung des Anstellungsvertrags rechtfertigen; maßgeblich sind insofern aber die Umstände des Einzelfalls, insbesondere Umfang, Dauer und Intensität des Verstoßes.
In der Praxis wird im Anstellungsvertrag des GmbH-Geschäftsführer eine Vertragsstrafe für Fälle des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot vorgesehen. Die Einzelheiten seiner Haftung richten sich dann nach den Bedingungen der entsprechenden Klausel.
Bei Verstößen gegen Wettbewerbsverbote stehen der Gesellschaft auch Unterlassungsansprüche zu. Außerdem soll die Gesellschaft analog § 88 Abs. 2 AktG einen Anspruch auf Schadensersatz sowie ein Eintrittsrecht haben.
Umstritten ist, ob für Ansprüche gegen einen GmbH-Geschäftsführer auch die Verjährungsfristen des § 88 AktG bzw. § 113 Abs. 3 HGB gelten. Nach teilweise vertretener Auffassung ist dies der Fall und die Verjährungsfrist des § 43 Abs. 4 GmbHG soll verdrängt werden, sodass innerhalb von 3 Monaten nach Kenntnis vom wettbewerbswidrigen Verhalten Schadensersatzansprüche bzw. Eintrittsrechte (gerichtlich), aber auch für Vertragsstrafen und Unterlassungen, geltend gemacht werden sollten.
Demgegenüber bleibt der Vergütungsanspruch des Geschäftsleiters eines Verstoßes grds. unberührt; insbesondere soll der Gesellschaft nach teilweise vertretener Auffassung kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Vergütungsanspruch geltend machen können.
Rechtsschutz
Wegen der gravierenden Auswirkungen eines Verstoßes gegen gesetzliche, vertragliche und nachvertragliche Wettbewerbsverbote ist der betroffenen Gesellschaft ein schnelles Handeln anzuraten. Durch das wettbewerbswidrige Verhalten besteht die akute Gefahr, dass dem Unternehmen wichtige Kunden entzogen werden.
In der Regel ist eine binnen eines Monats nach Bekanntwerden zu beantragender einstweiliger Verfügung anzuraten. Dieser sollte schnellstmöglich, wegen der in § 88 Abs. 3 AktG vorgesehenen Frist, eine entsprechende Klage folgen, um den Geschäftsführer in Haftung nehmen zu können.
Unsere Rechtsanwälte und Fachanwälte im Handels- und Gesellschaftsrecht begleiten Sie gern bei der Prüfung der Wirksamkeit, Gestaltung, Durchsetzung oder Abwehr von Wettbewerbsverboten.