Ausscheiden von Gesellschaftern aus Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften
Anwalt Gesellschaftsrecht – Das Ausscheiden aus einer Gesellschaft kann sich auf verschiedene Weisen vollziehen. Selbst wenn es sich (vermeintlich) einvernehmlich vollzieht, führt diese Thematik oft zu Streit. Streitanfällig ist insbesondere die Höhe der Abfindung, wenn über die Wahl der richtigen Bewertungsmethode Uneinigkeit besteht. Soll sich das Ausscheiden einvernehmlich vollziehen, wird meist eine Ausscheidensvereinbarung mit dem betroffenen Gesellschafter abgeschlossen. Unsere Rechtsanwälte, Fachanwälte und Steuerberater beraten Sie umfassend und kompetent rund um alle Fragen, die mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters zusammenhängen.
Vorab unbedingt Abfindungsklausel überprüfen
Bei länger bestehenden Gesellschaften erscheint es zweckmäßig, die in der Satzung vorgesehen Abfindungsklausel auf ihre Wirksamkeit zu prüfen, insbesondere ob eine darin vorgesehene Bewertungsmethode nicht zu einer sittenwidrig niedrigen Abfindung führt.
Bei voraussichtlich streitigem "Entfernen" eines Anteilsinhabers ist eine rechtliche Beratung im Vorfeld dringend zu empfehlen, um die Möglichkeiten der Ausscheidensmodalitäten und die Folgen für den Betroffenen, die verbleibenden Gesellschafter und die Gesellschaft auszuloten und sich angemessen darauf vorbereiten zu können.
Sehen sich die Anteilsinhaber bei Beginn der Gesellschaftsgründung noch als gleichberechtigte Partner, wird es spätestens dann kritisch, wenn es "ums Geld geht".
Ausscheidensmodalitäten
Es gibt grundsätzlich verschiedene Möglichkeiten, wie ein Anteilsinhaber ausscheiden kann, u.a.:
- Ausspruch einer ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung durch den Ausscheidungswilligen
- (Hinaus-)Kündigung durch die übrigen Gesellschafter,
- Ausschließung des Gesellschafters durch Gesellschafterbeschluss,
- Einziehung seiner Geschäftsanteile,
- einvernehmliche Ausscheidensvereinbarung (mit verschiedenen Formen der Auseinandersetzung),
- Veräußerung seiner Gesellschaftsbeteiligung,
- Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des ausscheidenden Gesellschafters,
- Tod.
Ob und welche dieser Modalitäten im konkreten Einzelfall in Betracht kommen, ist abhängig von der jeweiligen Gesellschaftsform und der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags.
Modalitäten bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Im Recht der BGB-Gesellschaft finden sich bestimmte Grundregeln, die sich auf die Beendigung von Gesellschafterstellungen in anderen Gesellschaften übertragen lassen. Insbesondere zu den Abfindungsmodalitäten finden sich zahlreiche Grundsatzentscheidungen, die Ausstrahlungswirkung auf andere Rechtsformen haben.
1. Kündigung der Gesellschafterstellung
Nach der gesetzlichen Regelung des § 723 Abs. 1 S. 1 des bürgerlichen Gesetzbuchs kann im Prinzip jeder BGB-Gesellschafter kündigen, was an sich dazu führen würde, dass die Gesellschaft aufgelöst wird. In der Regel wird aber im Gesellschaftsvertrag bestimmt, dass lediglich der kündigende Gesellschafter ausscheidet, also – sofern nicht der vorletzte Gesellschafter wegfällt – die Gesellschaft mit den verbliebenen Gesellschaftern fortgesetzt wird (Fortsetzungsklausel) und das Gesellschaftsvermögen auf die übrigen Gesellschafter übergeht.
Beispiel: Gesellschafter C kündigt. Eine Fortsetzungsklausel ist vorhanden. Die Gesellschaft wird zwischen Gesellschafter A und B fortgeführt.
2. Hinauskündigungsklauseln und Ausschluss aus wichtigem Grund
Die Zulässigkeit von sog. Hinauskündigungsklauseln, welche den Ausschluss einzelner Gesellschafter gegen deren Willen durch Entscheidung anderer Anteilsinhaber ermöglichen, ist streitig. Dogmatisch befinden sich solche Klauseln im Spannungsfeld zwischen Gesellschafterschutz einerseits und Privatautonomie bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen andererseits.
Nach dem Bundesgerichtshof sind Klauseln, die den Ausschluss eines Gesellschafters nach freiem Ermessen ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes ermöglichen, nichtig, es sei denn, es besteht ein sachlich gerechtfertigter Grund. Denn Hinauskündigungsklauseln schweben wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Anteilsinhaber. Könnte den Gesellschaftern ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes ermöglichen, nichtig gekündigt zu werden. Es bedarf also anders gewendet eines sachlich gerechtfertigten Grundes.
Nach Auffassung des BGH liegt dann ein sachlicher Grund vor und eine entsprechende Hinauskündigungsklausel ist wirksam, wenn sie den Altgesellschaftern erlaubt, einen neu eingetretenen Gesellschafter binnen angemessener Frist nach dem Eintritt auszuschließen, wenn das Ausschließungsrecht eine Gesellschafterstellung auf Probe ermöglichen soll, um festzustellen, ob eine sachgerechte und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem neuen Gesellschafter möglich ist. Als unproblematisch hat der BGH etwa auch die Kündigung der Gesellschafterstellung im sog. Mitarbeitermodell angesehen, wenn der Verlust der Gesellschafterstellung an die objektive Voraussetzung des Verlusts des Arbeitsplatzes gekoppelt ist. Diese Feststellung ist von der Prämisse getragen, dass die Gesellschafterstellung auf der Anstellung beruht und insofern (bloß) vermögensrechtlichen Charakter hat.
Ferner kann ein Anteilsinhaber aus wichtigem Grund ausgeschlossen werden, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, § 737 des bürgerlichen Gesetzbuchs. Ein solcher Grund liegt insbesondere vor, wenn der Anteilsinhaber eine ihm obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat. Eine Ausschließung aus wichtigem Grund sollte stets nur ultima ratio sein. Umstritten ist insofern, ob dem ausscheidenden Gesellschafter vor der Ausschließung rechtliches Gehör bzw. ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Nach unserer Auffassung ist dies vor dem Hintergrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, die zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet, zu bejahen.
Festhalten lässt sich: Ein wichtiger, zur Ausschließung berechtigender Grund liegt nur bei Umständen vor, die in der Person des Betroffenen wurzeln und die die Fortsetzung der GbR mit ihm für die übrigen Anteilsinhaber unzumutbar machen. Es kann sich dabei um einen verhaltensbezogenen oder auch um einen nicht-verhaltensbezogenen (aber gleichwohl schuldhaft vom Betroffenen gesetzten) Grund handeln, sofern er einen Bezug zum Gesellschaftsverhältnis hat.
3. Austritt durch Abschluss einer Ausscheidensvereinbarung
Schließlich kann sich der Austritt eines Gesellschafters in der Personengesellschaft – als Gegenstück zur Eintrittsvereinbarung – durch eine Ausscheidens-/Austrittsvereinbarung vollziehen, die oft einen Schlussstein zur Beendigung langwieriger Gesellschafterstreite darstellt.
In einer Ausscheidensvereinbarung sollen typischerweise die gesetzlich und im Gesellschaftsvertrag festgelegten Ausscheidensmodalitäten ergänzt oder abgewandelt werden, indem z.B. Abfindungsguthaben abweichend von statutarisch festgelegten Bewertungsmethoden festgelegt, Abgeltungsklauseln vereinbart und/oder sonstige Nebenfolgen einer Regelung zugeführt werden (z.B. bei einer ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft: Verzicht auf Kassenarztzulassung; Implementierung oder Befreiung von einem Wettbewerbsverbot).
Nicht nur bei der Gestaltung solcher Vereinbarungen, sondern auch bei deren Zustandekommen ist größte Vorsicht geboten. Insbesondere, wenn eine darin vorgesehene Abfindung (voraussichtlich) zu einem niedrigeren Abfindungsguthaben führt als bei Anwendung der gesellschaftsvertraglichen Regelungen, sollte zur Vermeidung einer möglichen Sittenwidrigkeit der Vereinbarung darauf geachtet werden, den ausscheidenden Gesellschafter mit der Vornahme dieses Rechtsgeschäfts nicht zu überrumpeln oder ihn unter (Zeit-)Druck zu setzen.
Die Ausscheidensvereinbarung führt dazu, dass die Beteiligung des Ausgeschiedenen am Gesamthandsvermögen auf die verbleibenden Gesellschafter ohne besondere Übertragungshandlungen übergeht. Sein Anteil wächst ihm ab und den verbleibenden Gesellschaftern im Umfang bzw. Verhältnis ihrer Beteiligung an.
4. Ableben
Ohne besondere Normierung im Gesellschaftsstatut führt das Ableben eines einzelnen Anteilsinhabers zur Auflösung der GbR. Um dies zu vermeiden, muss im Gesellschaftsvertrag eine einfache Fortsetzungsklausel, eine erbrechtliche Nachfolgeklausel oder eine rechtsgeschäftliche Nachfolge- oder Eintrittsklausel vorgesehen sein.
5. Übertragung des Gesellschaftsanteils
Denkbar ist auch, dass ein Anteilsinhaber die Personengesellschaft verlässt, indem er seine Beteiligung auf einen anderen Gesellschafter oder Dritten überträgt und somit ein Wechsel in der Anteilsinhaberschaft stattfindet.
Da der Eintritt neuer Gesellschafter immer mit der Änderung des Gesellschaftsvertrags verbunden ist, wird für die Veräußerung der Beteiligung eines Anteilsinhaber – mangels abweichender Regelung in der Satzung – grundsätzlich immer ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss benötigt.
6. Abfindungsanspruch
Negatives Kapitalkonto
Bei einem negativen Kapitalkonto werden die verbleibenden Gesellschafter typischerweise auf einen Ausgleich des negativen Saldos bestehen.
Der Ausgeschiedene hat Anspruch auf eine Abfindung und zwar auf das, was er bei einer Auseinandersetzung erhalten würde.
Im Allgemeinen, d.h. ohne besondere Klausel im Gesellschaftsstatut, ist die Abfindung auf Basis des wirklichen Wert des lebenden Unternehmens, einschließlich stiller Reserven und eines Geschäftswerts bzw. Werts der Firma, zu berechnen. Die Frage nach der anzusetzenden Bewertungsmethode kann dabei nicht allgemeingültig beantwortet werden. Unterschiedliche Erwerbsgesellschaften erfordern unterschiedliche Bewertungsmethoden.
Zur Berechnung der Abfindung wird typischerweise unter Zuhilfenahme eines Steuerberaters eine besondere Bilanz aufgestellt - die Abschichtungsbilanz, die eine reine Vermögensbilanz ist. Die einzelnen Wirtschaftsgüter, aber auch Verbindlichkeiten sind mit ihren wahren Werten anzusetzen.
- Der Abschichtungsbilanz bedarf es nur beim Substanzwert- oder Liquidationswertverfahren, nach teilweise vertretener Auffassung jedoch nicht bei sonstigen Bewertungsmethoden wie etwa beim Ertragswertverfahren, da dort die Gewinne die maßgebliche Rolle spielen.
Zur Steuer:
Das Verlassen einer Personengesellschaft hat i.S.d. EStG Folgen, wenn der Ausgeschiedene Mitunternehmer gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG war.
Wie die Anrechnung von Sachwerten steuerlich beim Ausgeschiedenen zu behandeln ist, ist abhängig davon, ob der Sachwert in sein Privatvermögen oder in ein Betriebsvermögen übergeht. Ersteres führt zur Veräußerung des Anteils des Mitunternehmers und zum Erwerb des Sachwerts durch den Ausscheidenden. Zu beachten ist hier die Regelung des § 16 Abs. 2 EStG, wonach der Veräußerungspreis der Nennbetrag des Abfindungsanspruchs ist, wenn die Abfindung bereits errechnet wurde, bevor die Sachwertabfindung vereinbart wurde.
Im Fall des Übergangs in ein Betriebsvermögen wird das Verlassen des Mitunternehmers aus der Mitunternehmerschaft mit einer Abfindung von Sachwerten als Realteilung i.S.d. EStG behandelt.
7. Abfindungsregelungen im Gesellschaftsvertrag
Eine Problematik, die vor allem im Recht der GbR thematisiert wird, betrifft die Vereinbarung von Abfindungsklauseln. Die hierzu geltenden Grundsätze geltend aber gleichermaßen bzw. ähnlich im Recht der Kapitalgesellschaften. Der Ausscheidende hat ein Recht, die Auszahlung einer Abfindung zu verlangen. Ein vollständiger Ausschluss eines Abfindungsrechts ist nur in Ausnahmefällen zulässig.
Wie dargestellt, richtet sich deren Höhe bei Abstinenz gesellschaftsvertraglicher Regeln grundsätzlich nach dem Verkehrswert der Beteiligung. Zur Schonung der Liquidität der Gesellschaft finden sich aber in der Regel Abfindungsklauseln in den Gesellschaftsverträgen, die nicht nur die Bewertungsmethode, sondern auch Ratenzahlungsregelungen vorsehen.
Abfindungsregelungen, die die Zahlung abweichend vom Verkehrswert bestimmen, sollten grundsätzlich immer auf ihre Wirksamkeit untersucht werden. So kann eine Abfindungsklausel von Anfang an nichtig sein, wenn sie in unangemessener Weise vom Verkehrswert der Beteiligung abweicht.
Genauer gesagt: Wenn bereits bei ihrer Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag feststand, dass sich zwischen der gesetzlichen und der vertraglichen Abfindung ein besonders grobes Missverhältnis ergibt. Wann ein grobes Missverhältnis vorliegt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.
Eine prozentuale Mindesthöhe des Abfindungsanspruchs, gemessen am wirklichen Wert, hat der Bundesgerichtshof bisher nicht beziffert, bei deren Einhaltung der Einwand eines erheblichen Missverhältnisses auszuschließen ist. In der übrigen Rechtsprechung und Literatur wird die Grenze insofern gezogen, dass ein grobes Missverhältnis anzunehmen sei, wenn die Vertragsabfindung auf ein Drittel des Zeitwertes der Beteiligung, weniger als zwei Drittel des wirklichen Anteilswerts oder lediglich 45 % des Verkehrswerts der Beteiligung beträgt.
Problematisch sind dabei die Fälle, in denen die Abfindungsklausel noch nicht im Moment ihrer erstmaligen Aufnahme im Gesellschaftsvertrag zu sittenwidrigen Abfindungen führte, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt der Änderung des Gesellschaftsvertrags. Die entsprechende Sittenwidrigkeitsprüfung soll hier nach teilweise vertretener Auffassung (nur) dann auf den Zeitpunkt einer späteren Vertragsänderung vorzunehmen sein, wenn die Abfindungsklausel Gegenstand der Vertragsänderung war.
Risiko der Buchwertklauseln
Buchwertklauseln sind grundsätzlich zulässig. Indes besteht das Risiko späterer Unanwendbarkeit bzw. einer ergänzenden Vertragsauslegung bzw. "gerichtlichen Anpassung", wenn der Buchwert erheblich hinter den wirklichen Werten des Unternehmens bzw. des Anteils zurückbleibt.
Die Zahlung zu Buchwerten meint, dass der Zahlungsanspruch beschränkt ist auf noch nicht verbrauchte Einlagen, etwaig einbehaltene Gewinn, anteilige Rücklange und Rückstellungen (mit Charakter eines Eigenkapitals). Stille Reserven und der Geschäfts- oder Firmenwert (Goodwill) werden nicht berücksichtigt.
Fallbeispiel
Ein Gesellschaftsstatut einer ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft wird im Jahr 2003 geschlossen und sieht als Abfindungsregelung die Ärztekammermethode 1987 vor. Unterstellt, diese Bewertungsmethode würde im Jahr 2003 zu angemessenen Zahlungsansprüchen führen, bedeutet dies nicht, dass bei einer vollständigen Neufassung des Gesellschaftsvertrags im Jahr 2015 mit Übernahme dieser Bewertungsmethode – aber mit geringfügigen Änderungen – weiterhin davon ausgegangen werden kann, dass diese Abfindungsregelung wirksam ist.
Insofern muss man wissen, dass die «alte« Ärztekammermethode 1987 im Jahr 2008 gleichsam «abgeschafft« und durch die modifizierte Ärztekammermethode ersetzt wurde. Dies nicht ohne Grund, da die Ärztekammermethode 1987 hauptsächlich umsatzorientiert war und die (künftigen) Ertragsaussichten einer Arztpraxis nicht sachgerecht abbildet. Bei einer Berechnung der Abfindungsforderung auf Basis der alten Ärztekammermethode 1987 im Jahr 2015 kann sich also ergeben, dass die darauf basierende Abfindung nur den Bruchteil des Verkehrswertes ausmacht.
Die Abfindungsregelung kann so gesehen «von Anfang an« sittenwidrig, d.h. nichtig sein.
Ist eine Abfindungsklausel von Anfang an nichtig, so hat der Ausscheidende nach der Rechtsprechung des BGH einen Anspruch auf den Verkehrswert seiner Beteiligung. Dieser ist im Zweifel auf der Grundlage des wirklichen Wertes des lebenden Unternehmens zu ermitteln.
Ist eine Abfindungsklausel jedoch noch nicht im Moment ihrer Einführung unwirksam (weil sich die vertragliche Abfindung zu dieser Zeit nicht allzu weit vom Verkehrswert entfernt), kann sich aber im Verlauf der Zeit ein Auseinanderklaffen von vertraglichem und wahren Anteilswert ergeben. In solchen Fällen ist die gesellschaftsvertragliche Abfindungsklausel nicht unwirksam; vielmehr ist diese im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung anzupassen, wobei dabei auch die Dauer der Mitgliedschaft sowie die Verdienste des ausscheidenden Gesellschafters für das Unternehmen zu berücksichtigen sind. Bei der ergänzenden Vertragsauslegung geht es insbesondere darum, ob die Parteien, wenn sie bei Vertragsschluss die spätere Entwicklung der Verhältnisse in Betracht gezogen hätten, es gleichwohl bei der vereinbarten Regelung belassen oder ob sie bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner jener Entwicklung durch eine anderweitige vertragliche Bestimmung Rechnung getragen hätten.
Die ergänzende Vertragsauslegung führt dabei nicht automatisch dazu, dass die vertragliche Abfindung auf den Verkehrswert aufgestockt wird, sondern nur zu einer verhältnismäßigen, grundsätzlich im richterlichen Ermessen stehenden Annäherung an den Verkehrswert.
Fallgestaltungen bei einer Offenen Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft als weitere Personengesellschaften / Personenhandelsgesellschaften
Ein Austritt aus der OHG oder KG (durch Komplementär oder Kommanditist) als Personenhandelsgesellschaft kann sich wie bei der GbR durch Abschluss einer Ausscheidensvereinbarung oder Übertragung der Beteiligung vollziehen. Darüber hinaus gibt es folgende „vertypte“ gesetzliche Ausscheidensformen i.S.d. Vorschriften des Handelsgesetzbuchs.
Der Austritt bzw. Wechsel eines Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft führt nicht dazu, dass sich die Firma automatisch ändert. Jedoch bedarf es für die weitere Firmenfortführung grundsätzlich der Zustimmung des Ausgeschiedenen, wenn sein Name in der Firma enthalten ist.
1. Kündigung
§ 132 des Handelsgesetzbuchs regelt das ordentliche Kündigungsrecht in einer auf unbestimmte Zeit eingegangenen KG oder OHG durch Einhaltung einer Kündigungsfrist / eines Kündigungstermins (abweichend von § 723 Abs. 1 S. 1 des bürgerlichen Gesetzbuchs).
Anders als bei einer GbR führt die Kündigung von Gesetzes wegen nicht zur Auflösung der OHG oder KG (personelle Kontinuität), sondern nur dazu, dass der Anteilsinhaber mit Ablauf der Kündigungsfrist ausscheidet, vgl. § 131 Abs. 3 Nr. 3 des Handelsgesetzbuchs. Nach § 135 HGB kann auch ein Privatgläubiger unter besonderen Voraussetzungen die Kündigung erklären.
2. Ausschluss aus wichtigem Grund, § 140 des Handelsgesetzbuchs
Der Ausschluss eines Einzelnen erfolgt im Wege einer Gestaltungsklage (§ 133 HGB), d.h. mit Rechtskraft des entsprechenden Urteils scheidet der Gesellschafter automatisch aus dem Unternehmen aus.
Eine solche Klage hat Erfolg, wenn in der Person des Gesellschafters ein Grund eintritt, der die Mitgesellschafter zur Auflösung der Personengesellschaft berechtigen würde. Das ist grundsätzlich nur bei besonders schwerwiegenden Gründen, die in der Person des Betroffenen liegen, gegeben. Liegt ein solcher Grund nicht vor, sind die verbleibenden Gesellschafter auf eine auf Auflösung gerichtete verwiesen.
3. Tod eines OHG- oder KG-Gesellschafters
Der Tod eines Komplementärs oder OHG-Gesellschafters führt grundsätzlich zu seinem Ausscheiden; zugleich sind seine Erben abzufinden. Etwas anderes gilt nur, wenn im Gesellschaftsstatut eine entsprechende Nachfolgeklausel enthalten ist, die vorsieht, dass die Gesellschaft mit den Nachfolgern fortgesetzt werden soll.
Stets sollte darauf geachtet werden, dass die Regelungen im Gesellschaftsstatut mit einer entsprechenden Regelung in einer letztwilligen Verfügung/einem Testament jedes Anteilsinhabers übereinstimmen. Unsere Rechtsanwälte beraten Sie hierzu gern.
Bei Vorhandensein einer solchen Vorschrift im Gesellschaftsstatut kann jeder Nachfolger sein Verbleiben im Unternehmen davon abhängig machen, dass ihm eine Kommanditistenstellung eingeräumt und der auf ihn fallende Teil der Einlage des Erblassers als Einlage (genauer: Kommanditeinlage) anerkannt wird.
§ 177 HGB sieht vor, dass bei Tod eines Kommanditisten dieser nicht aus der Kommanditgesellschaft ausscheidet. Die KG wird vielmehr mit dessen Erben fortgesetzt. Dabei tritt eine Sonderrechtsnachfolge ein. Der Gesellschaftsanteil geht entsprechend den Erbquoten der einzelnen Erben „aufgeteilt“ auf diese über. Diese Sondererbfolge wirkt sich wie eine automatische Teilauseinandersetzung des Nachlasses aus.
Treten demgemäß mehrere neue Gesellschafter ein, dann ist jeder von ihnen als Erbe und unter Bezeichnung der für ihn maßgeblichen Haftsumme zum Handelsregister anzumelden und einzutragen. Es bedarf also eines Rechtsnachfolgevermerks; dieser verhindert, dass der Eindruck erweckt wird, es wäre ein neuer Kommanditanteil entstanden.
Erbrechtlich beschränkbare Haftung
Für Verbindlichkeiten des Erblasser steht der Erbe grundsätzlich in der Haftung. Die Haftung ist aber erbrechtlich beschränkbar. Parallel ordnet § 173 Abs. 1 HGB eine eigene Haftung des Erben für Verbindlichkeiten an, die vor seinem Eintritt begründet worden sind. Diese Haftung soll nicht durch Vehikel des Erbrechts beschränkt werden können.
Der Erbe kann sich nur dann auf die Erbringung der Hafteinlage und der damit einhergehenden Befreiung von der Haftung berufen, wenn im Handelsregister eine Nachfolgevermerk eingetragen ist.
Einen Sonderfall stellt die Beerbung verstorbenen Kommanditisten durch einen Komplementär dar. Hier wird vertreten, dass die Kommanditbeteiligung als solche untergeht und sich das Kapitalkonto des persönlich haftenden Gesellschafters um die Kapitalkontoposition des Verstorbenen erhöht.
4. Gegebenheiten bei einem Komplementär
Wenn der einzige Komplementär aus der KG bzw. die einzige Komplementär-GmbH bei der GmbH & Co. KG (i.d.R. wegen Insolvenz) ausscheidet, führt dies zur Auflösung der Kommanditgesellschaft. Die Gesellschaft wird dann abgewickelt, wodurch verhindert wird, dass sich die Kommanditgesellschaft z.B. in eine Offene Handelsgesellschaft transformiert.
Sollte nach Ausscheiden des Komplementärs nur ein Kommanditist verbleiben, bedarf es keiner Liquidation; das Gesellschaftsvermögen geht auf diesen einfach über.
Modalitäten bei der GmbH bzw. UG
In einer GmbH bzw. UG bestehen sind teilweise abweichende Mechanismen des GmbH-Rechts zu beachten. In vielerlei Hinsicht haben die zur Personengesellschaft entwickelten Rechtsgrundsätze Ausstrahlungswirkung.
1. Kündigung nur bei statutarischem Kündigungsrecht
Eine ordentliche Kündigung des Gesellschafters kommt nur dann in Betracht, wenn die Satzung der GmbH diese Möglichkeit explizit eröffnet. Vielfach finden sich jedoch Regelungen in der Satzung, die – zumindest für einen festen Zeitraum nach der Gründung – einen Kündigungsausschluss vorsehen nicht zuletzt, um einen Kapitalabfluss aus dem Unternehmen durch Abfindungszahlung zu vermeiden.
Darüber hinaus kann Grund für einen Kündigungsausschluss in den Eigenheiten der jeweiligen GmbH begründet sein. Handelt es sich beispielsweise um eine GmbH mit personalistischer Prägung (Familien-GmbH; persönliche Mitarbeit der Gesellschafter) erscheint es zweckmäßig, die Gesellschafter an das Unternehmen zu binden.
2. Einziehung von GmbH-Anteilen
Die Einziehung richtet sich nur gegen den Geschäftsanteil und vernichtet diesen, wodurch auch alle damit zusammenhängenden mitgliedschaftlichen Rechte untergehen.
Zu unterscheiden ist insofern zwischen der freiwilligen und der Zwangseinziehung. beide Varianten sind nur möglich, wenn sie in der Satzung zugelassen sind, § 34 Abs. 1 GmbH-Gesetz, wobei im Falle der Zwangseinziehung die Satzungsregelung schon existiert haben muss, bevor der Betroffene GmbH-Gesellschafter geworden ist.
Das Einziehen muss von der Gesellschafterversammlung (grundsätzlich mit einfacher Mehrheit) beschlossen werden. Bei einer Zwangseinziehung (gegen den Willen des betroffenen Gesellschafters) aus wichtigem Grund unterliegt dieser einem Stimmverbot. Die Voraussetzungen der Zwangseinziehung (Einziehungsgründe) müssen in der Satzung hinreichend klar geregelt sein.
Achtung
Der Ausschluss eines Gesellschafter-Geschäftsführers rechtfertigt sich nicht allein schon dadurch, dass er seine Pflichten während der Geschäftsführung verletzt hat und ein Erlöschen seines Amts als Geschäftsführer durch Abberufungsbeschluss vollzogen wird. Sein Verbleiben muss vielmehr aus sonstigen weiteren, strengen Gründen unzumutbar sein.
Die Einziehung ist ferner nur wirksam, wenn auf den einzuziehenden Geschäftsanteil die Stammeinlage vollständig eingezahlt wurde (sonst läge eine Befreiung von der Einlagepflicht vor). Eine Lösung/Umgehung dieses Problems könnte erreicht werden, indem gleichzeitig eine Kapitalherabsetzung oder – bei entsprechender Satzungsregelung – eine (Zwangs-)Abtretung des Geschäftsanteils beschlossen würde.
Darüber hinaus muss das Einziehungsentgelt aus freiem, ungebundenen Vermögen der GmbH / UG geleistet werden können, was bei der Fassung des Einziehungsbeschlusses bereits feststehen muss (andernfalls wäre der entsprechende Beschluss unwirksam, § 241 Nr. 3 AktG analog). Dies entspricht dem Grundsatz der Kapitalerhaltung und dient letztlich dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger. Insofern ergibt sich aus den §§ 34 Abs. 3 i.V.m. 30 Abs. 1 S. 1 GmbHG ein Auszahlungsverbot. Auszahlungen an (ausgeschiedene) GmbH-Gesellschafter dürfen nicht zur Entstehung oder Vertiefung einer Unterbilanz führen. Maßgeblich ist allein eine bilanzielle Betrachtungsweise. Das Vorliegen einer Unterbilanz richtet sich also nicht nach den Verkehrswerten, sondern nach den Buchwerten einer stichtagsbezogenen Handelsbilanz; stille Reserven finden demnach keine Berücksichtigung.
Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, dass nicht schon bei der Beschlussfassung feststeht, dass die Abfindung in ihrer Höhe nicht unter Verstoß gegen § 30 GmbHG gezahlt werden kann, sondern sich dies erst bei der Fälligkeit der Abfindungsforderung herausstellt. Dann besteht lediglich eine Auszahlungssperre, der Einziehungsbeschluss ist aber nicht nichtig. Die früher vertretene Lehre von der Bedingungslösung (auflösende Bedingung einer ordnungsgemäßen Abfindungszahlung) ist aufgegeben. Die Einziehung wird wirksam mit Bekanntgabe des Beschlusses an den betroffenen GmbH-Gesellschafter.
In diesem Fall (nachträgliches „Unvermögen“ zur Abfindungszahlung ohne Verstoß gegen § 30 Abs. 1 GmbHG) kann es ausnahmsweise einmal zu einer persönlichen Haftung der Anteilsinhaber, die den Einziehungsbeschluss gefasst haben, für das Einziehungsentgelt kommen.
- Hinsichtlich der Wirksamkeit von Abfindungsregelungen sei das zu den Personengesellschaften Dargestellte verwiesen.
3. Abtretungsverpflichtung
Alternativ zum Einziehen von Geschäftsanteilen kann (und sollte) in der Satzung vorgesehen sein, dass die Abtretung des Geschäftsanteils des ausscheidenden Gesellschafters an Mitgesellschafter, die GmbH bzw. UG oder Dritte erfolgt.
Bei dieser Variante der Abtretungsverpflichtung ist ein Kaufpreis von dem jeweiligen Erwerber geschuldet, sodass auch der Anwendungsbereich von § 34 Abs. 3 i.V.m. § 30 Abs. 1 GmbHG nicht eröffnet ist.
4. Ausschließung
- In der Satzung kann vereinbart werden, dass eine Ausschließung durch Gesellschafterbeschluss herbeigeführt werden kann. Auch hierbei hat der Betroffene kein Stimmrecht.
Die Ausschließung richtet sich gegen die Person des betroffenen Gesellschafters, indem sie dessen Mitgliedschaft beendet, ohne die Existenz des Geschäftsanteils zu berühren. Sie wird wirksam mit Bekanntgabe des Ausschließungsbeschlusses gegenüber dem Betroffenen und der Erfüllung der sonstigen tatbestandlichen Voraussetzungen. Zu beachten ist aber, dass ein wechselseitiger Ausschluss von Anteilsinhabern in einer Zwei-Personen-Gesellschaft mit paritätischer Beteiligung ins Leere geht, wenn in der Person des die Ausschließung Betreibenden ebenfalls ein wichtiger zur Ausschließung berechtigender Grund vorliegt. Im Einzelfall ist daher der Grad des wechselseitigen Verschuldens zu prüfen.
5. Übertragung des Geschäftsanteils
Ein Gesellschafteraustritt aus der GmbH bzw. UG kann sich auch durch Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen vollziehen. In den meisten GmbH-Satzungen sind die Geschäftsanteile jedoch vinkuliert, d.h. es bedarf der Zustimmung der Gesellschaft bzw. der Anteilsinhaber.
In vielen Fällen sind auch Vorerwerbsrechte (korrelierend dazu: Andienungspflichten), Ankaufs- oder Vorkaufsrechte vorgesehen. In der Regel haben derartige Rechte nur schuldrechtliche Wirkung, d.h. sie verhindern bei Missachtung den wirksamen Anteilsübergang nicht. In Ausnahmefällen haben sie jedoch die Wirkung eines Veräußerungsverbots i.S.d. § 15 Abs. 5 GmbHG. Ob dies der Fall ist, lässt sich grundsätzlich erst im Zusammenschau mit anderen Satzungsregelungen (z.B. bei Zusammentreffen mit Zustimmungsklauseln) bzw. durch Auslegung ermitteln.
Fehlerhaftes Ausscheiden
Fehlt es an den erforderlichen tatbestandlichen Voraussetzungen bzw. leiden die Ausscheidensmaßnahmen an sonstigen Wirksamkeitsmängeln, wird der Wegfall des Betroffenen aber gleichwohl umgesetzt (alle Beteiligten „leben“ es), liegt ein Fall eines fehlerhaften Ausscheidens vor. Die Rechtsfolgen eines solchen Falles sind problematisch.
Hierbei ist danach zu differenzieren, auf welche Weise sich das fehlerhafte Ausscheiden vollzog.
Bei einem fehlerhaften Austritt (z.B. aufgrund einer nichtigen Ausscheidensvereinbarung) findet grundsätzlich die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft entsprechende Anwendung (Lehre vom fehlerhaften Austritt). Ein vollzogener Austritt ist zunächst als wirksam zu behandeln; indes steht dem austretenden Gesellschafter das Recht zu, die künftige Wiederaufnahme bzw. Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verlangen.
Bei einer fehlerhaften, rechtsgeschäftlichen Anteilsübertragung ist umstritten, ob die Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft Anwendung finden. Das Meinungsspektrum reicht von der Auffassung, dass die Anteile noch nicht übergangen sind, über die Auffassung, dass die Übertragung der Anteile zunächst als wirksam zu betrachten ist, aber ein Anspruch auf Rückübertragung besteht, wobei auch insofern strittig ist, ob diese Forderung rückwirkend oder künftige Wirkung hat.
Der BGH hat sich – zumindest bei Personengesellschaften – dahingehend geäußert, dass der fehlerhaft ausgeschiedene Gesellschafter einen Anspruch auf Wiedereinräumung der Stellung als Anteilsinhaber für die Zukunft hat und ggf. die Ausschließung seines Nachfolgers fordern kann. Diese Rechtsprechung hat der BGH im Jahr 2010 – nach umfassender Auseinandersetzung mit den betreffenden Literaturansichten – bestätigt.
Steuerrecht
Wie gezeigt, ist die Thematik rund um den Austritt, Gesellschafterwechsel, Ausschließung u.Ä. hochkomplex. Mit ihr untrennbar verwoben sind steuerliche Fragestellungen, die es zur Vermeidung erheblicher Steuerlasten im Vorfeld abzuklären gilt. Gern beraten wir Sie in jedem Stadium, von der Implementierung von Abfindungsklauseln in der Satzung, über die Wahl einer Ausscheidensmodalität bis hin zur Abwicklung.
Zu beachten ist etwa, dass Ratenzahlungsvereinbarungen bzgl. der Abfindungszahlung den Ausgeschiedenen erheblich belasten können, weil er bereits vor Erhalt der weiteren, jährlichen Raten die Abfindung in voller Höhe zu versteuern hat.
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